Versicherungsrecht
Im Schwerpunkt befassen wir uns im Ver-sicherungsrecht mit Deckungsfragen zu der Betriebshaftpflichtversicherung und zur Produkthaftpflichtversicherung, insbesondere mit Fragen zum Produkthaftpflicht-Modell (Besondere Bedingungen und Risikobeschrei-bungen für die Produkthaftpflichtversicherung von Industrie- und Handelsbetrieben).
1. Versicherungsfall in den AHB
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 26.03.2014, IV ZR 422/12 vom 26.03.2014 darauf hingewiesen, dass die Definition des Versicherungsfalles in den AHB (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung) weder wegen Intransparenz unwirksam und unklar ist.
Nach dem Bundesgerichtshof scheidet eine Inhaltskontrolle der in den AHB vorgenommenen Definition des Versicherungsfalles aus. Der Gesetzgeber habe im Ver-
sicherungsvertragsgesetz (VVG) bewusst nicht geregelt, welcher Vorgang in der Haftpflichtversicherung den Versicherungsfall darstellt, sondern dies der Klärung durch das Vertragsrecht überlassen. Die Definition des Versicherungsfalles gehöre damit zum Kern der Leistungsbeschreibung, weshalb sie sich einer inhaltlichen AGB-Kontrolle entziehe.
In dem konkret zu entscheidenden Fall hatte ein Ofenbaumeister einen Pumpensumpf abgedichtet. Die von ihm eingebaute Dichtung hat sich in der Folgezeit gelöst, so dass es zu Wasserschäden gekommen ist.
Nach dem Bundesgerichtshof kann ein Schadensereignis nur ein solches sein, dass geeignet ist, Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer auszulösen. Damit scheidet nach dem Bundesgerichtshof der Zeitpunkt der Abnahme der Werkleistung aus, da durch die Abnahme kein Schaden entstanden ist und die Abnahme selbst auch keinerlei Schaden verursacht hat.
Auch die Inbetriebnahme habe noch keine Ansprüche ausgelöst. Erst für den erfolgten Wasseraustritt sei der Versicherungsnehmer auf Schadensersatzansprüche in Anspruch genommen worden. Ein Schadenereignis könne nur ein Ereignis sein, das geeignet ist, Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer auszulösen.
2. Versicherungsfall im erweiterten Produkthaftpflichtmodell
Zu beachten ist, dass es im Produkthaftpflicht-Modell, somit in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Produkthaftpflichtversicherung von Industrie- und Handelsbetrieben, eine eigene, auf die jeweilige Fallgestaltung bezogene Definition des Versicherungsfalles gibt. So liegt der Versicherungsfall bezogen auf Aus- und Einbaukosten in dem Zeitpunkt des Einbaus von mangelhaft hergestellten oder gelieferten Erzeugnissen und weicht somit von der Definition des Versicherungsfalles in den AHB ab.
3. Abgrenzung von Sachschäden zu Vermögensschäden
Unter die Versicherungsdeckung fallen nach § 1.1 AHB während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretene Schadenereignisse, die z.B. die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen zur Folge haben. Nicht Gegenstand der Betriebshaftpflichtversicherung sind falsche Angaben bezogen auf die Beschaffenheit der eigenen Werkleistung, die lediglich dazu führen, dass die hergestellte Sache nicht wie geplant betrieben werden kann. Die Herstellung einer mangelhaften Sache ist keine Sachbeschädigung. Die Kosten für den Umbau (hier eines Ofens) stellen somit lediglich einen reinen Vermögensschaden dar, der jedoch nicht über § 1.1 AHB versichert ist (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.09.2004, IV ZR 162/02).